Tag 50 - on the boat again oder Urlaub auf indische Art

meine neue Freundin
Nach dem 1000-Säulen Tempel ging es also gestern Abend wieder auf die Piste Richtung Rajahmundry. Die angepeilten sechs Stunden Fahrt entpuppten sich mal wieder als deutlich zu wenig. Immer wieder fragten die beiden kollegialen Guides nach meinem Handy, um den Weg von Google Maps mit dem von Bing Maps zu vergleichen. Reiseplanung auf indisch halt, alles kein Problem wir sind ja schon auf dem Weg. Weg oder gar Straße konnte man teilweise zu dem Untergrund auf dem wir unterwegs waren auf gar keinen Fall mehr sagen. Ein Loch reihte sich ans andere und von Asphalt war weit und breit keine Spur, der Fahrer musste in wilden Schlangenlinien jede Möglichkeit der kompletten "Fahrbahnbreite" ausnutzen, um nicht feststecken zu bleiben. Und das bei Schritttempo! Aufgesetzt hat das arme Luxusauto gleich mehrmals und ich war mir nicht sicher, ob wir nicht doch irgendwann ohne Achse/Ölwanne/Kardanwelle mitten im Nirgendwo liegen bleiben würden. Diese mehrere Kilometer langen "Wege" waren immer mehrere hundert Meter lang und wiederholten sich ständig. Der lapidare Kommentar meiner indischen Freunde "ist halt keine Autobahn". Mal wieder alles kein Problem in Indien, man muss es einfach nehmen wie es kommt. So sind wir dann morgens um sechs Uhr in Rajahmundry angekommen.
Dann gab es das nächste Erlebnis, wir sind wirklich in ein Hotel gegangen und haben für zwei Stunden ein Zimmer gemietet. Und da kamen nicht noch irgendwelche dubiosen weiblichen Angebote. Wobei unter einem Hotel stellen wir uns ja immer eine gepflegte saubere Umgebung vor. Als wir die "Lobby" betreten haben, lag vor dem Tresen ein Mann auf einer Decke und schlief tief und fest, ein weiterer schlief hinter dem Tresen. Der Mann hinter dem Tresen wurde als Erster wach und weckte seinen Kollegen, damit wir überhaupt die Chance hatten ein Zimmer zu buchen. Was war der eigentliche Zweck des Zimmers? Wir haben uns alle geduscht und frisch gemacht um ein wenig erholt zur Abfahrtsstelle zu fahren. Mehr als duschen und kurz auf das selbst für indische Verhältnisse nicht saubere Bett setzen, war in der Bude aber auch nicht mein Wunsch (und ich bin da nicht sehr empfindlich).
Dann weiter zum Abfahrtsplatz, wo sich herausstellte, dass meine beiden Reiseguides noch gar keine Tickets für den geplanten zwei Tagesausflug gebucht hatten. Aber es waren ja noch Plätze da, also was soll die Aufregung alles kein Problem! Als die Jungens dann die Tickets bezahlen wollten, musste ich doch einschreiten. Denn seit ich weiß, dass ein Berufsanfänger mit Uni-Abschluss im Jahr 6000 US$ (~4500 Euro, gleich 375 Euro/Monat) verdient, habe ich beschlossen die beiden nur die kleinen Summen bezahlen zu lassen. Als Begründung schob ich deutsche Bräuche und Pflichten als Gast vor und zahlte die 5000 Rupien (~ 60 Euro) für drei Personen für die Zwei-Tages-Tour. In diesen 60 Euro war der Transport zum Boot, die Bootsfahrt, die Unterkunft und die Verpflegung enthalten. Also mal gerade meine Spesen für die zwei Tage. Da ist man gerne großzügig. Dann kam auch schon der Bus und das nächste Abenteuer begann.
Wenn ich hier von Bus spreche, rede ich nicht von diesen Luxuslinern, welche unsere Verkehrsgesellschaften im öffentlichen Nahverkehr einsetzen. Nein, natürlich nicht, die Busse, die hier unterwegs sind, würden bei uns auf dem Weg zum TÜV dreimal zwangsweise stillgelegt. Der Bus wartete schon auf uns und wir mussten uns sputen. Rein in den Bus und nach dem zweiten Blick ab auf die Pritsche. Der Sitz war auf den ersten Blick sehr sehr sehr sehr dreckig, aber letztendlich waren nur die Bezüge dermaßen abgenutzt, dass nur noch ein schmuddeliges graues Etwas auf dem Sitz übrig war. Fenster gab es auch, aber allesamt ohne Scheiben. Einzig die Hälfte der Frontscheibe auf der Fahrerseite war vorhanden. Die Heckscheibe war ein Gitternetz, damit bei der Fahrt niemand aus dem Bus fiel, vermutete ich kurz darauf als die Fahrt los ging.
Wenn ich bisher keinen Rückenschaden hatte, jetzt kriege ich niemals einen, denn ich habe diese vierzigminütige  Fahrt mitgemacht und meine Wirbelsäule ist jetzt "indian bus proofed". Sollte ich mir als Marke patentieren lassen.
das Boot
In der Nähe des Bootsanlegeplatz angekommen, sind wir dann die restliche Entfernung zu Fuß gegangen. Dann ging es einen schmalen Trampelfahrt runter zum Boot. Ein Ausflugsdampfer auf dem Neckar sieht ähnlich aus, aber alles entspannt, das Boot sollte uns ja nur zu den Papi Hills bringen und nicht als Basis für eine Kreuzfahrt dienen. Sitzgelegenheiten im unteren Bereich auf Stühlen, im oberen offenen Bereich auf Baumarktplatikstühlen. Sowohl unten, als auch oben gab es Klimaanlagen. Wobei ich oben die Funktion und Sinnhaftigkeit bei offenem Deck mal in Frage stellen würde. An Bord und gerade losgefahren gab es einen kleinen Snack und kurz darauf wurden mir Ground Nuts angeboten. Nach kurzem Blick in die Tüte sagte ich "das sind Erdnüsse". Aber gleich darauf wurde ich belehrt, es sind Erdnüsse, die am Boden wachsen und daher ganz anders schmecken als die Erdnüsse, die ich kenne. Und richtig, die Nüsse sind leicht feucht auch die Schale und die Farbe geht mehr ins weißliche, auch die Konsistenz ist weicher und man kriegt nicht gleich Durst.

Ground Nuts
 Nach der ersten Eingewöhnungsphase ging es dann auf das obere Deck zu einer Tanzvorführung. Zwei Locals zeigten einige Tanzschritte und dann gingen es zur Belustigung der restlichen Mitfahrer in eine Vorführung der Tanzkünste aus dem Publikum. Na da dürft ihr dreimal raten, wenn sie so lange gefragt haben bis er auf der improvisierten Bühne stand. So kam ich also hier zu meiner Tanzeinlage auf dem Flussboot.
natürlich musste ich tanzen
draußen ist es entspannter
 Danach haben wir uns draussen an die Reling gesetzt und uns das Wasser um die Füße fließen lassen, Da war es deutlich entspannter als im Inneren oder Oben, wo in einer Tour laute indische Musik aus den riesigen Lautsprechern tönte. Unterwegs haben wir dann noch einen Stopp gemacht, um einen Tempel zu besuchen. War im Vergleich zu vielen anderen Tempeln, die ich gesehen habe, allerdings eher eine heilige Stätte als ein Tempel. Aber über Begrifflichkeiten lässt sich ja wahrlich streiten.
Baum am Tempel
Kurz darauf kam die Einfahrt zu den Papi Hills, das Gewässer wird hier schmaler und der Fluss Godavari schlängelt sich durch die umliegenden Hügel und Berge.
Unterwegs werde ich immer wieder angesprochen und um Fotos oder einfach nur einen Handschlag gebeten. Mir wird mal wieder klar, ich bin hier der absolute Exot und falle auf wie ein bunter Vogel.
Mit großem Brimborium wurden dann die Papi Hills angekündigt und die Entfernung wie ein Countdown heruntergezählt.
Einfahrt zu den Papi Hills
Die restliche Reisezeit haben wir dann mit Füße baumeln und Fotos machen über die Bühne geschaukelt. Bin selber immer mal wieder eingeschlafen, der fehlende Schlaf und die beiden Nachtfahrten haben sich dann doch bemerkbar gemacht.
Prasad vor unserem Heim
Letztendlich sind wir doch am späten Nachmittag angekommen und haben unsere Habseligkeiten in eine Hütte verfrachtet. Die Bambushütten waren in zwei Etagen angelegt und meine Guides haben hier mal ganz unverfroren den Europäer Bonus ausgespielt. Eigentlich sollten wir noch warten, aber die Jungens sagten nur, ich würde unbedingt da oben schlafen wollen und ich wäre ihr Kunde und man müsste mir diesen Wunsch unbedingt erfüllen, damit Indien nicht als schlechter Gastgeber gilt. So sind wir dann vor allen anderen losgezogen und haben uns in aller Ruhe eine Hütte ausgesucht. Leela hat dann die Hütte mit der Nummer Neun erwählt, da diese Zahl seine Glückszahl ist.
endlich liegen


Blick auf unser Ziel

Kurze Pause und dann ab zum kleinen Zubringerfluss, die Reise von der Seele waschen und einfach bei der Hitze im Wasser liegen und sich die helle Haut verbrennen. Auf dem Weg zu den Papi Hills hat sich bei mir eine immer größer werdende Ermüdung gezeigt. Am Ende des Tages merkte ich einfach, ich war leicht dehydriert hatte schlichtweg zu wenig getrunken. Das Bad und die Erholung im Wasser haben mich nach reichlich Flüssigkeit aber wieder aufgebaut.

Entspannung im Wasser
Danach gab es eine absolute Delikatesse und die trägt den wunderbaren Namen "Bamboo Chicken".
Bamboo chicken
Mariniert mit Ingwer, Knoblauch, rotem Chilli, Salz und Limettensaft und vermutlich einigen "geheimen" Gewürzen werden die Hühnchenfleischstücke in einen ca. vierzig Zentimeter langes Stück  Bambus gestopft.Die Enden des Bambus werden mit Blättern verschlossen und das Chicken Bamboo wird auf Holzkohle gelegt. Wenn es dann vor sich hin gart zieht die Marinade und auch der Saft des Bambus in das Fleisch, daher wird auch kein Öl benutzt. Bamboo chicken ist eine auch bei den Indern extrem beliebte und lokale Spezialität.

Bamboo chicken










Beim Abendessen standen immer drei Inder um mich herum um mich mit ihren Delikatessen zu füttern. Si konnten gar nicht glauben, dass ich alles essen mochte und auch noch gerne aß.
Gut gefüttert und mehr als satt, aber keiner hat mich für ein "Bäuerchen" auf den Arm genommen, oder mir auf den Rücken geklopft, ging es zum Strand um noch einmal in der Abenddunkelheit den fantastischen klaren Sternenhimmel zu genießen. Dann ab in die Hütte und schlafen.

Liebe Grüße,
Hermann


zwei Helden am Abendstrand
Batman in India


Ein Baum, ein Boot










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